FAQ
Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen.
Warum ist Grundbildung wichtig?
Wer ist betroffen?
Wie viele sind betroffen?
Gesellschaftspolitisches Problem
Leo-Studie: LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität (uni-hamburg.de)
Rund 6,2 Millionen Deutsch sprechende Erwachsene im Alter zwischen 18 und 64 Jahren sind gering literalisiert. Sie haben Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben und können allenfalls einfache Sätze lesen, schreiben und verstehen. In der Systematik der Studie entsprechen ihre Lese- und Schreibkompetenzen den Alpha-Levels 1 bis 3. Der Anteil der Betroffenen an der Gesamtbevölkerung ist also 12,1 %. Davon sind 62,3 % erwerbstätig und knapp 13 % arbeitslos. Der Anteil gering literalisierter Erwerbstätiger unter den geringqualifizierten Erwachsenen liegt bei ca. 25 %.
Die Kompetenzen und Voraussetzungen von Personen mit Grundbildungsbedarf fallen sehr heterogen aus. Die LEO-Studie 2018 geht davon aus, dass 47,4 % der gering literalisierten Erwachsenen eine andere Sprache als Deutsch in der Kindheit als erste Sprache gelernt haben, während 52,3 % der Betroffenen mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen sind.*
*In dieser Aufschlüsselung durch die LEO-Studie sind Schutzsuchende, die nach 2015 in Deutschland angekommen sind, nicht enthalten (Quelle: LEO Studie 2018).
Was heißt Grundbildung?
… was Menschen können und wissen sollten, um ein selbstbestimmtes Leben zu leben und um an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Grundbildung geht über Alphabetisierung hinaus. Viele Erwerbstätige mit Grundbildungsbedarfen sind nicht direkt Analphabeten. Vielmehr zählen sie zu den gering literalisierten Erwachsenen. Damit ist gemeint, „dass eine Person allenfalls bis zur Ebene einfacher Sätze lesen und schreiben kann.“ (LEO Studie 2018 – Leben mit geringer Literalität – uni-hamburg.de). Hierbei wird vom Unterschreiten der Textebene gesprochen, d. h. zum Beispiel, dass zusammenhängende – auch kürzere – Texte nicht gelesen oder geschrieben werden können. Die Ausprägung von schriftsprachlichen Fähigkeiten wird in Alphalevel (LEO-Studie 2018) unterteilt. Anhand der Alphalevels lässt sich der Alphabetisierungsgrad einer Person abbilden.
Außerdem zählen auch andere Kompetenzbereiche zur Grundbildung:
Beispiele für betriebliche Grundbildungsthemen können sein:
- Schreib- und Formulierungshilfen für den Arbeitsalltag
- Fachsprache Deutsch
- Basis-Rechenkompetenzen
- Kommunikation im Team und mit den Kunden
- Digitale Grundlagen für die Arbeitswelt 4.0 (Basis-PC-Kompetenzen)
- Grundlagen der Arbeitssicherheit
Was heißt arbeitsorientierte Grundbildung (AoG)?
Arbeitsorientierte Grundbildung heißt Lernen während der Arbeitszeit und am Arbeitsplatz. Die Teilnehmenden sollen insbesondere in denjenigen Grundkompetenzen geschult werden, die für ihren gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsplatz wichtig sind.
Die genauen Bildungsinhalte werden an den Bedarfen des Unternehmens und deren Mitarbeitenden orientiert. Dabei wird berücksichtigt, dass in verschiedenen Branchen unterschiedliche Grundbildungsbedarfe bestehen können.
Dieser Ansatz unterscheidet sich von Lebensweltorientierter Grundbildung (LoG). Hier sollen Bildungsprozesse in die außerbetrieblichen, sozialräumlichen Lebenswirklichkeiten der potenziellen Adressat*innen integriert werden.
Was ist das Besondere an dem Sozialpartner-Projekt?
Die gemeinsame Ansprache der Unternehmens- und Personalleitungen einerseits und Mitbestimmungsorgane andererseits ermöglicht einen verbesserten Zugang zu den Beschäftigten mit Grundbildungsbedarf. Durch diese vertrauensvolle Zusammenarbeit werden die individuellen und arbeitsorientierten Qualifizierungsmaßnahmen zu Erfolgsrezepten.
Wer ist die Zielgruppe des Sozialpartner-Projektes?
In erster Linie richtet sich das Sozialpartner-Projekt an Unternehmensleitungen, Personalverantwortliche, Gewerkschaften, Mitbestimmungsorgane und engagierte Beschäftigte. Wir möchten das Thema der arbeitsorientieren Grundbildung, über die betriebspolitischen Grenzen hinaus, in die Belegschaften NRWs bringen und so einen Mehrwert für Arbeitgebende und Arbeitnehmende schaffen.
Für Unternehmensleitungen
(GESCHÄFTSFÜHRUNG, PERSONALLEITENDE, FÜHRUNGSKRÄFTE):
Welche Vorteile haben Unternehmen durch Grundbildung?
Es lohnt sich, Ihre Mitarbeiterschaft in Grundkompetenzen zu schulen und gegebene Potenziale auszuschöpfen und zu erweitern. Durch positive Lernerfahrungen lassen sich nicht nur Arbeitsprozesse verbessern, sondern auch die Zufriedenheit im Team steigern. Dadurch, dass Berührungsängste abgebaut werden, werden auch Beschäftigungsfähigkeit gefördert und Fluktuationsraten und Krankmeldungen reduziert.
Für Beschäftigte
(MITARBEITERVERANTWORTLICHE, BETRIEBSRÄTE, ARBEITNEHMENDE):
Welche Vorteile haben Beschäftigte durch Grundbildung?
Die Teilnehmenden eignen sich Bildung an, welche sowohl für die täglichen als auch für die zukünftigen Anforderungen der Arbeitswelt fundamental sind. Darüber hinaus erlangen die Teilnehmenden Kompetenzen für die Herausforderungen des täglichen Lebens.
Wie kann ich Mitarbeitende zur Teilnahme motivieren?
Versuchen Sie die Schulung als eine Art der besonderen Auszeichnung hervorzuheben. Weil man mit Mitarbeitenden zufrieden ist, will man ihnen die Möglichkeit geben, sich weiter zu qualifizieren. Außerdem kann eine angenehme Schulungsumgebung einen großen Unterschied machen: Leiten Sie die Qualifizierung mit einer offiziellen Begrüßung der Teilnehmenden ein und stellen Sie Snacks und Getränke bereit. Abschließend werden offizielle Teilnahmebescheinigungen ausgestellt.
Worauf muss ich bei der Ansprache von potenziellen Teilnehmenden achten?
Achten Sie darauf, dass Sie bei der Ansprache potenzieller Teilnehmenden „einfache Sprache“ verwenden. Informationsmaterial dazu finden Sie hier (Projekt MENTOpro).
Wie kann ich betroffene Beschäftigte unterstützen?
In erster Linie müssen Ängste abgebaut werden, z. B. gegenüber der Konfrontation mit Vorurteilen. Oft verspüren Menschen mit Grundbildungsbedarf eine gewisse Scham, ihre Unsicherheiten offen zu kommunizieren. Zeigen Sie die positiven Effekte auf, welche sich eröffnen. Durch Grundbildung wird der sichere Umgang mit Texten im Arbeits- und Privatleben erlernt. Betroffene sind nicht mehr auf die Hilfe anderer angewiesen und können emanzipierter handeln.
Im Rahmen des Projekts MENTOpro können sich Betriebsangehörige als Mentor*innen ausbilden lassen. In ihren Betrieben werden sie zu Ansprechpartner*innen für Kolleg*innen mit Grundbildungsbedarf.
Sind Sie selbst Grundbildungstrainer*in?
Dann könnte unsere Informationsseite für Kursleitende für Sie interessant sein. Hier finden Sie Materialien, offene Ausschreibungen und Fortbildungsangebote.
Qualifizierung planen!
Hier finden Sie konkrete Antworten zur Durchführung.
Wer bezahlt das?
Eine erste Schulung pro Betrieb kann über das Projekt bis zu 100 % gefördert werden. Die Kosten für weitere Schulungen werden durch den*die Arbeitgeber*in getragen.
Wie viele Beschäftigte können teilnehmen?
Schon ab einer Person ist eine Qualifizierung im Bereich Grundbildung möglich. Kleine Gruppengrößen (sechs bis sieben) sind zielführend, um die Bedürfnisse aller Teilnehmenden berücksichtigen zu können.
Wo finden die Qualifizierungen statt?
Die Grundbildungsqualifizierungen finden im Betrieb selbst statt. Arbeitsorientierte Grundbildung resultiert erfahrungsgemäß in nachhaltigem Lernerfolg. Mit praktischen Beispielen aus der alltäglichen Arbeitswelt findet das Gelernte direkt Anwendung.
Wann finden Qualifizierungen statt?
Arbeitsorientierte Grundbildung heißt Lernen während der Arbeitszeit. Wir möchten die Angebote möglichst sinnvoll in die Arbeitswelt der Unternehmen integrieren. Individuell besprechen wir die Möglichkeiten innerhalb der gegebenen Arbeitszeit-/Schichtmodelle.
Wie lange dauern die Qualifizierungen?
Der Zeitrahmen wird in Unterrichtseinheiten (45 Minuten) oder Unterrichtsstunden (60 Minuten) kalkuliert. Wie viele Termine vereinbart werden, richtet sich nach den individuellen Rahmenbedingungen in den Unternehmen (Bedarfe, Gruppengröße, Arbeitszeiten etc.).
Wer führt die Qualifizierungen durch?
Je nach Grundbildungsbedarf werden die Qualifizierungen durch geschulte Fachreferent*innen durchgeführt.
Außerdem können sich Betriebsangehörige schulen lassen, um selbst als Grundbildungsreferent*innen im eigenen Betrieb aktiv zu werden (MENTOpro).