Digitale Grundbildung
„Grundbildung digital und digitale Grundbildung?“
Online Workshops mit Fokus auf arbeitsorientierter Grundbildung (AoG)
„Neben Lesen, Schreiben und Rechnen muss Mediengrundbildung zunehmend ein wichtiger und integraler Bestandteil einer zukünftigen Grundbildung sein. Ein umfassendes Modell für die Mediengrundbildung ist allerdings noch zu entwickeln.“
Die Pandemie hat aufgezeigt, wie wichtig es ist, mit digitalen Medien umgehen zu können. Digitale Grundbildung ist im zunehmenden Maße Vorrausetzung für Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft.
Am 15.07.21 und 15.03.22 luden die Projektpartner zu Online-Workshops „Grundbildung digital und digitale Grundbildung?“ 1 und 2 ein. Der Titel verrät bereits, dass zwischen „Grundbildung digital“ und „digitale Grundbildung“ zu unterscheiden ist.
Grundbildung digital
Grundbildung, die Förderung von Basiskompetenzen für gering literalisierte Erwachsene, wurde während der Pandemie virtuell durchgeführt (Grundbildung digital). Gleiches gilt für die arbeitsorientierte Grundbildung. Aufgrund der Distanzregeln mussten die Schulungsangebote über Videokonferenzen stattfinden. Jedoch haben diese Formate nicht zwingend die Förderung von digitalen Kompetenzen zum Thema, vielmehr ist diese ein Nebeneffekt.
Digitale Grundbildung
Auf der anderen Seite stehen analoge Schulungsangebote, die Weiterbildung von digitalen Kompetenzen zum Ziel haben. Vor Ort wird der Umgang mit digitaler Hard-und Software erklärt und eingeübt (digitale Grundbildung). Ohne diese Grundkenntnisse ist virtuelle Grundbildung nur schwer umsetzbar. Dementsprechend ist digitale Grundbildung die Voraussetzung für den Erfolg von Grundbildung digital.
Was zu digitalen Grundlagen zählt und was darüber hinaus geht, lässt sich nur schwer eingrenzen. Je nach Branche und Arbeitsplatz, je nach persönlichem Verständnis und eigener technischer Affinität kann die Antwort sehr unterschiedlich ausfallen. Ziel der Workshops war es, ein entsprechendes Modell zu erarbeiten. Der Fokus lag auf der Grundbildung für den Arbeitsplatz. Ein Zielstandard wird benötigt, um bedarfsgerechte Schulungen gewährleisten zu können.
Zielstandard: Digitale Grundkompetenzen – ein Modell:
Zur Modellkonzeption wurden die in der Grundbildung bekannten Alpha-Level (Leo Studie 2018 – Leben mit geringer Literalität) als Orientierung herangezogen. Die schriftsprachlichen Fähigkeiten werden demnach in Level unterteilt: in „Buchstabenebene“ (Level 1), „Wortebene“ (Level 2), „Satzebene“ (Level 3) und „Fehlerhaftes Schreiben auf Textebene“ (Level 4). Zielgruppe der arbeitsorientierten Grundbildung sind Beschäftigte mit Schriftkompetenzen auf den Level 3 und 4.
Im Rahmen unserer Workshops wurde folgendes Kompetenzmodell entwickelt:
Diese Pyramide ist ein mögliches Modell zur Erfassung digitaler, arbeitsorientierter Grundkompetenzen.
Ein alternatives Modell zu digitaler Kompetenz im Allgemeinen hat beispielsweise das Forscherteam rund um Ilka Koppel entwickelt ((Koppel, I. / Langer, S. (2020). Basic Digital Literacy – Requirements and Elements. In: Práxis Educacional, 16(42), 326-347)). Beide Modelle ähneln sich in weiten Teilen.
Input von Expert*innen
Zum zweiten Workshopteil waren Expert*innen eingeladen, die die Ergebnisse und das Modell aus ihrer Perspektive einordneten.
Einblicke aus der Praxis
Thomas Aigner I Trainer für digitale Grundbildung
Herr Aigner berichtete von seinen langjährigen Erfahrungen in der digitalen Grundbildung. Für ihn sei das vorgestellte Modell durchaus für die Praxis anwendbar. Seine Schulungskonzepte sind ähnlich aufgebaut. In den ersten Stunden sei meist der Einstieg auf Level 1 nötig, das heißt insbesondere das Üben des Umgangs mit PC und Smartphone. Auf diese Weise steigere man sich von Stunde zu Stunde bis hin zur betriebsspeziellen Software.
Erste Forschungsergebnisse:
Johanna Weber I Doktorandin Forschungsnetzwerk NRW Grundbildung und Alphabetisierung
Ihr Forschungsvorhaben adressiert Volkshochschulen und konfessionelle Erwachsenenbildungseinrichtungen in NRW. Es werden Expert*inneninterviews mit Fachbereichsleitenden, Referent*innen und Lehrenden (N=16) dazu befragt, was sie unter digitaler Grundbildung verstehen.
Im Rahmen des 2. Workshops präsentiere sie erste Forschungsergebnisse. In den befragten Bildungseinrichtungen scheint das Verständnis von „digitaler Grundbildung“ sehr von der jeweiligen Zielgruppe und dem jeweiligen Kontext abzuhängen. Die Schulungsangebote und -inhalte zur digitalen Grundbildung fallen sehr heterogen aus und in den wenigsten Fällen wird die Grundbildung auch als solche benannt. Frau Weber betonte: „Es scheint alles eine Frage des Wordings zu sein“.
An den Erstdurchläufen hatten Kollegen und Kolleginnen aus den Grundbildungs-Bundesprojekten sowie Bildungsreferent*innen aus Partnerprojekten teilgenommen. In Folgeworkshops wird die Teilnehmendengruppe erweitert.
Die Veranstaltungen wurden organisiert von den Bildungseinrichtungen des Sozialpartner-Projektes NRW. Das Projekt „Sozialpartner gemeinsam für arbeitsorientierte Grundbildung in NRW“ ist ein kooperatives Projekt des Bildungswerks der Nordrhein-Westfälischen Wirtschaft e.V. (BWNRW) mit Arbeit und Leben DGB/VHS NRW e.V. und dem DGB-Bildungswerk NRW e.V., gefördert vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS).
Literatur:
Koppel, I. / Langer, S. (2020 ). Basic
Digital Literacy Requirements and Elements.
In: Práxis Educacional , Vol.16, No.42, S. 326 347 .
Wolf, K. D. & Koppel, I. (2017): Digitale Grundbildung: Ziel oder Methode einer chancengleichen
Teilhabe in einer mediatisierten Gesellschaft? Wo wir stehen und wo wir hin müssen. In: Magazin
erwachsenenbildung.at, Vol.30, No.11, S.1-13.